Montag, 25. März 2013

John Singer Sargent

Die Parisienne in schwarz/weiß


John Singer Sargent wurde am 12. Januar 1856 in Florenz geboren. Er verbrachte seine Kindheit hauptsächlich auf Reisen und wurde bereits mit 13 Jahren Schüler des deutschamerikanischen Malers Carl Welsch. Schon sein erstes Bild "Fanny Watts" (1877) das er bei der Pariser Salonjury einreichte wurde akzeptiert, was nicht selbstverständlich war und ihn als Künstler auszeichnete. In den folgenden Jahren war ihm ein kontinuierlicher Strom des Erfolges vergönnt. Er starb am 15. April 1925 in London und war einer der bedeutendsten amerikanischen Porträt-Maler seiner Zeit.
1882 reichte er sein Portrait "Charlotte Louise Burckhart - Dame mit einer Rose" beim Salon ein. 
Die folgende Abhandlung beschäftigt sich mit diesem Portrait und zwei weiteren seiner Gemälde.
In allen seinen leicht und unangestrengt wirkenden Porträts nähert sich Sargent sinnlich und ausdrucksstark Körpersprache, Textur und Licht an.
In den hier behandelten Bildern ist es schwierig modehistorische Details festzumachen, dennoch ist es nicht unmöglich und macht die Spannung des Themas aus.
John Singer Sargent: Dame mit der Rose, 1882, Öl auf Leinwand, 213,4x133,4cm,  Metropolitan Museum of Art
Das Portrait "Dame mit der Rose" (oben) zeigt Charlotte Louise Burckhart eine enge Freundin von Sargent. Sie trägt eine klassische Hochsteckfrisur mit Pony, das Haar ist geschmückt durch eine perlenbesetzte Haarspange oder einen Haarreif. Sie ist gekleidet in einem schwarzem Empfangskleid. Es ist näher einzuordnen als Dinnerkleid, da es weit ausgeschnitten ist und dreiviertel lange Ärmel hat. 

Im 19. Jh. war es üblich bis zu acht mal pro Tag die Garderoben zu wechseln. Morgens nach dem Aufstehen trug man das sogenannte Penior, das Hauskleid. Danach trug man Tageskleider, z.B. das Stadtkleid, einfach und sittsam mit Handschuhen und Hut zu tragen oder die Promenadentoilette, die etwas aufwändiger mit Zierrat versehen war. Ab 13 Uhr trug man die so genannten Besuchstoiletten. Das Dinnerkleid und Abendkleid mit Dekolleté im Gegensatz zur Stadttoilette, wo auch die Schultern auf jeden Fall bedeckt bleiben mussten. Beim Dinnerkleid sollte das Dekolleté noch maßvoll gehalten sein und die Ärmel durften auch nicht zu kurz sein. Im Theater trug man ein mittel tiefes Dekolleté aber immer noch bedeckte Schultern und lediglich beim Ball war das tiefste Dekolleté erlaubt und freie Schultern durften gezeigt werden. Die Balltoilette war am aufwändigsten verziert mit z.B. Spitzen, Federn oder Früchten. Zu besonderen Anlässen trug man Reitkostüme oder Badekleider.

Das Kleid das wir oben sehen besteht aus drei Teilen. Stilistisch macht es Anleihen am Rokoko, was man folgenden Punkten fest machen kann. Das Oberteil besteht aus einem schwarzen Leibchen mit langer Spitzer Schneppe in Anlehnung an den Stecker, ein Zierstück, dass den Manteau des Rokokos über dem Korsett zusammen hält. Solch einen Manteau mit Reverskragen, also eine Art Überkleid, trägt sie ebenfalls. Der Unterrock, den sie trägt erinnert an die Jupe der Rokokozeit. Der Manteau scheint am Leibchen befestigt zu sein und ist im Bereich des Rockes Vorne mit drei großen schwarzen Schleifen zusammengehalten. Darunter trägt sie eine feine schwarze  Tüllbluse mit Punkten, die sich am Hals und in der Mitte der Unterarme zusammen Rüschen und mit zusätzlichen Rüschen besetzt sind.

François Boucher: Portrait der Madame de Pompadour,  1759,  Öl auf Leinwand, 91× 69 cm, Wallace Kollektion

Durch den Manteau und die Schleifen, sowie die drei-viertel Ärmel und die Rüschen die an Engageantes erinnern, ähnelt dieses Kleid der verspielten  Hofmode aus dem Rokoko, wo die Schleifen allerdings auf dem Stecker angebracht waren, wie man hie bei Madame Pompadour sehen kann.

Charlotte scheint ein Weiberspeck zu tragen, ein rundes Hüftpolster, anstelle einer Turnüre, da der Rock sich auch seitlich und nicht nur hinten bauscht.

Straßenkleid, um 1884, Seidenatlas,  Oberteil und Rock, Kyoto Costume Institute

Das ist ungewöhnlich, denn die Kleider der Zeit waren modisch in der hinteren Mitte zu einem Cul de Paris  gebauscht, wie wir es oben an einem Original aus der Zeit sehen. Von 1882 bis 1890 war diese Bauschung in der hinteren Mitte sehr voluminös, steif und geometrisch. Der Cul de Paris saß tiefer als während der 1. Turnürenmode, um die Kürasstaille der Zeit zu betonen, stand aber unterhalb der Taille stark ab. 

links: Turnüre, Korsett, Unterhemd und -hose, 1870-1880er, Kyoto Costume Institute; rechts: Korsett, 1880er, vorderseite mit Planchetteverschluss, Rückseite mit Patentschnürung aus Norah Waugh: Corsets and Crinolines

Die Tournüre die wir oben sehen gehört zu den formgebende Unterkleidungen und bezeichnet ein durch Stahlband verstärkten Unterbau.

Ebenfalls zur formgebenden Unterbekleidung gehörte das Korsett, das über die Jahrzehnte des 19. Jh. in verschiedenen Silhouetten geformt war. Die Kürasstaille oder Geigentaille entstand durch das erstmals über die Hüften reichende Korsett der engen Mode (1875-1882), dass in verkürzter Form beim Cul de Paris beibehalten wurde. 
Korsetts waren mit Planchetteverschluss und Patentschnürung gefertigt. Die Patentschnürung zeichnet sich durch das Schnüren in der Mitte aus, was durch wenig Aufwand einen starken Zug auf die Taille erzeugen konnte. Sowohl der neue Verschluss als auch diese Art zu Schnüren führte zum einfachen An- und Ausziehen, was es auch dem die Mode bestimmende Bürgertum ohne Zofe somit möglich machte Korsett zu tragen.

Unter der formgebenden Unterkleidung wurde Unterwäsche getragen, nämlich Unterhemden, Unterhosen und -röcke (siehe oben). Das 19. Jh. wird auch als das Jahrhundert der Wäsche bezeichnet. Dies war die  Folge der textilen Revolution, Unterwäsche wurde nach und nach als neuer Luxusartikel begriffen und mit Stickerreien und Spitzen an Ärmeln, Ausschnitt und Saum versehen.

Schuhe und Strümpfe, 1870er -1890er, weinroter Seidenatlas, gestrickter Ajourstrumpf, Kyoto Costume Institute

Auch Strümpfe und Schuhe wurden zunehmend zum Luxusartikel. Obwohl man Strümpfe seltenst sehen konnte, wurden sie in die Garderobe mit einbezogen. Das war teuer und  zeigte dadurch die Exklusivität. Der Hut, die Schuhe und der Schirm sollten aus dem gleichen Material wie das Kleid sein und zu den Handschuhen, den Strümpfen und der Handtasche passen. 




John Singer Sargent: Dame mit der Rose, 1882, Öl auf Leinwand, 213,4x133,4cm,  Metropolitan Museum of Art

Charlotte schaut den Betrachter verschmitzt lächelnd an, die rechte Hand ist keck abgeknickt in die Hüfte gestemmt, was unterschwellige Leidenschaft und Sexualität vermittelt, obwohl alle gesellschaftlichen Konventionen eingehalten wurden. Da sie sich in einem Raum befindet, muss sie keine Handschuhe und keinen Hut tragen und ihr Dekolleté ist der häuslichen Umgebung angemessen. 

Sie verkörpert das Idealbild der Parisienne, also der eleganten Pariserin, mit einem hübschen Gesicht mit Stupsnase. Sie trägt schwarz, was einerseits bürgerliche Werte verkörpert aber anderseits in einer gewissen Haltung mystisch, erotisch kokett wirkt. Das Kleid spielt durch die semitransparente Bluse bewusst mit Verhüllen und Entblößen.
Die weiße Rose in ihre zierlich gespreizten Hand ist Symbol für Reinheit und Verschwiegenheit und gibt ihr einen nüchternen und respektablen Eindruck

So wirkt sie fast wie eine Bürokauffrau oder eine Nonne, im Vergleich zu Madame X.

Madame X, 1883-84,  Öl auf Leinwand, 208,6 x 109,9 cm, Metropolitan Museum of Art, Arthur Hoppock Hearn Sammlung

Als „Madame X“ 1884 im Salon gezeigt wurde, wurde es als anzüglich bezeichnet und  zum Skandal der französischen Gesellschaft der damaligen Zeit.

1881 traf Sargent Madame Gautreau in der Pariser Gesellschaft, sie kleidete sich auffällig fortschrittlich und wie wir auf diesem Bild sehen nicht unbedingt konventionell für ihre Epoche. 

Sie trägt ein schwarzen Satinkleid mit juwelenbesetzten Trägern, gleichzeitig ver- und enthüllend. Das Kleid besteht aus zwei Teilen, einer Übertaille als Oberteil und einem einem Rock, der sich sehr eng um ihre Hüften spannt. Das Dekolleté ist ungewöhnlich tief und hat eine herzförmige Form. Das Oberteil hat eine lange Schneppe in  der vorderen Mitte was es als Einzelteil kennzeichnet. Die Taille ist durch die Schnürung sehr stark betont und verstärkt die üppigen Hüften. Der Rock erscheint schlicht und ist bodenlang. An der linken Hand trägt sie deutlich sichtbar ihren Ehering und einen schwarzen Fächer.

Aber warum wurde dieses Bild eigentlich zum Skandal?

Replikat des Photos von Madame X ohne Träger,  Metropolitan Museum of Art, J. Watson-Bibliothek

In der ursprünglichen Fassung zeigte Sargent Madame Gautreau mit heruntergerutschten juwelenbesetzten Träger. Sie wirkt einerseits provokativ in ihrer aufreizenden Kleidung und andererseits wendet sie sich stolz vom Mann bzw. Betrachter ab. Dies implizierte das die Dame auch für andere Männer verfügbar sein könnte, aber es gar nicht nötig hat. Ihre Brust wird vom Korsett nicht unterstützend betont, d.h. der Stoff scheint keinerlei Kontakt zum Ausschnitt zu haben, was bei herunter gerutschten Träger, den Eindruck des eventuellen Verrutschens der Übertaille verstärkt haben dürfte. 
Wenn man davon ausgeht das die Pariser Gesellschaft die Übertaille auch als Teil der Unterkleidung gesehen haben könnte ist es natürlich verständlich, dass sie empört reagierten.

Im Haar, das zu einem für die Zeit altmodischen Apolloknoten frisiert ist, trägt sie ein diamantenen Halbmond, das Symbol für die Göttin Diana. Diana war in der römischen Mythologie die Göttin des Mondes und der Fruchtbarkeit. Sie war Helferin bei der Geburt und hatte jedoch auch Züge einer Todesgöttin.
Diana hatte den Männern abgeschworen und schwor stattdessen Keuschheit. Dieser Verweis könnte die Provokation gegenüber der Männerwelt verstärkt haben, einerseits erotische Zurschaustellung und anderseits Keuschheitsgelübde. 
Der starke schwarz/weiß Kontrast im Bild betont das Extrem der sehr weißen Haut, von ihrer hohen Stirn bis zu ihrem anmutigen Nacken, Schultern und Armen. Zugleich schafft das Schwarz ihres Kleides Tiefe und verleiht ihr etwas Geheimnisvolles und Ernstes. Die Portraitierte im Profil zu zeigen ist gleichzeitig eine gewagte zur Schaustellung und ein sich Zurückziehen, da man die Augen der Person nicht sehen kann. Das Profil zeigt die intellektuellere Seite des Menschen, weil man die gut geformte Stirn sieht. Dargestellt ist also der Intellekt einer Frau mit einem verführerischen Körper zusammen. Durch das Rot ihres  Mundes wirkt sie noch sinnlicher. Dieser dunkle Farbton zeigt, dass sie sich geschminkt haben muss, was für eine Dame der Gesellschaft im zu sichtbaren Maße nicht schicklich war.

Halbmond-Tiara im Haar und die Sirenen, die Zauberinnen der griechischen Mythologie, die die Tischbeine umschlingen, sind arrangiert um die Szenerie als nicht alltägliche Erfahrung zu kennzeichnen, trotzdem wurde sie durch ihren Bekanntheitsgrad als Dame der Gesellschaft wahrgenommen. Sie zeigt sich als Ikone, die man verehren kann, aber sie ist sich ihrer selbst so sicher, dass sie den Betrachter ignoriert und dadurch unnahbar wird. 
Diese sexuelle Zweideutigkeit, einerseits ein Objekt sexueller Begierde und andererseits ihr Selbstbewusstsein in ihrer Pose, dürfte vor allem beim männlichen Publikum zu Empörung geführt haben. 

links: Steven Meisel: Madame K, Nicole Kidman posiert für die VOGUE in der Tradition von Sargents Madam X, 1999
rechts: Peter Lindberg: Portrait einer Dame, Julianne Moore  für Hapers Bazaar, Mai 2008

Trotz oder vielleicht auch wegen des Skandals, wurde das Gemälde oft als  Folie für Fotografien, Karikaturen und dramaturgische Statements genutzt.
Madame X als ästhetische Folie für  Modefotografien sehen wir oben in zwei Beispielen.

Screenshots: Der Krieg des Charlie Wilson, Regie: Mike Nichols, 2007, USA

In dem Film "Der Krieg des Charlie Wilson" spielt Julia Roberts Joanna Herring, eine texanische Dame der Gesellschaft und reiche Finanzier  politischer Kampanien.
Das Bild das wird im Film sehen ist ein Replikat der Madame X mit herunter gerutschten Träger, identisch zum Original bis auf den Kopf Julia Roberts der auf Madame X aufgesetzt wurde. Der Verweis auf die sexuelle Wirkung von Madame X auf die damalige Gesellschaft ist dramaturgischer Kniff um die sexuelle Verfügbarkeit und den Sexuellen Zwiespalt des Charakters im Film zu betonen. 
Dies wird vor allem durch den verrutschten Träger und dem auf einer Seite Schulterfreien Kleid, das Julia Roberts trägt, deutlich.

Jay McPhillips: “Madame X, Paris”, ohne Datum, Öl auf Leinwand,  Paris Hilton als Madame X, Pennsylvania

Paris Hilton eine Parisienne? Ob sie wohl ein Pendant zur Parisienne von damals sein könnte?

Paris Hilton als Madame X dargestellt schaut Betrachter direkt an. Madame Gautreau hatte zwar die klassischen Gesichtszüge des damaligen Ideals der Parisienne und kleidete sich äußerst modisch. Doch war sie in vielem ihrer Zeit voraus, sie schminkte sich und ihre Kleidung war etwas zu gewagt.

Auch Paris Hilton ist eine Dame der Gesellschaft, einer Gesellschaft, die von der Klatschpresse lebt, in der sie auch Regelmäßig erscheint, und hat dadurch einen vergleichbaren Bekanntheitsgrad wie Madame Gautreau. 
Der direkte Blick auf den Betrachter ist herausfordernd macht sie aber nicht zu einer unerreichbaren schönen und diese Darstellung wird deshalb nicht dem Orginal gerecht und wirkt lächerlich.
Allerdings kann man, da die Sexuellen Ansichten der damaligen Zeit sich geändert habe, durchaus behaupten, dass sie eine Parisienne sein könnte. Sie kleidet sich nach der neusten Mode, entspricht dem Männerbild einer sexuell attraktiven Frau und bewegt sich in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen. Ihre selbstentwürdigende Art und ihre zur Schau getragene Naivität, die absolut nicht Madame Gautreau entspricht, entspricht allerdings heutigen weiblichen Sexappeal.

Isabella Steward Gardner, 1888, Öl auf Leinwand, 190 x 81,2 cm, Isabella Seward Gardner Museum, Boston

Isabelle Steward Gardner, heute hauptsächlich als einflussreiche amerikanische Kunstsammlerin bekannt, gab Sargent den Auftrag im Genre wie Madame  X gemalt werden zu wollen. 

Isabella blickt uns mit klaren blauen Augen gerade heraus an. Ihr Gesicht ist ungeschminkt und sie hat eine schlichte Frisur in braun. Das ungewöhnliche schwarze Abendkleid hat kurze Ärmel und ein recht tiefen Ausschnitt, allerdings nicht so tief wie bei Madame X. 
Der obere Teil des Kleides scheint wie ein Fichu oder ein Wickelkleid am Dekolleté übereinander gelegt zu sein. Das Kleid ist einer Schärpe dekoriert, die um ihre Hüften gebunden ist. Die Silhouette wird dadurch verdeutlicht und noch weiter verstärkt durch eine doppelte Perlenkette mit Rubinanhängern, die die Taille umschlingen. 
Passend dazu trägt sie eine Halskette mit einem Rubin und mit Edelsteinen versehenen Hausschuhen, die unter ihrem Rock hervor schauen. Dieser unkonventionelle Schmuck verstärken die Exotik des Hintergrunds, eine italienische Brokattapete aus dem 16ten Jahrhundert. Sargent vergrößerte die Stickmuster des Stoffes passend zu seinen dekorativen Zwecken. Er platzierte den Kopf in die  Mitte eines Granatapfelmotivs und benutzte die Kreise um die Konturen des Kopfes, der weißen verschränkten Hände und der Perlenketten zu wiederholen. Der Granatapfel symbolisiert im kirchlichen Sinne ewiges Leben und die Fruchtbarkeit des Geistes. Wie bei Madame X wurde das Bild zwiespältig aufgefasst. Denn es war auch Persephone im Hades dem Herrn der Unterwelt verfallen, seit sie von seinem Granatapfel aß. Der Granatapel ist also ein Motiv der Verführung zur Liebe und zum Tod.

John Singer Sargent kreierte, ähnlich wie z. B. James Mc Neil Whistler, ein Zeitgenosse Sargents,  ein ästhetisches Umfeld für seine Modelle. Er arbeitet den Kern ihrer Persönlichkeit heraus und zeigt uns schöne, selbstbewusst Frauen. Er arbeitet konzentriert mit Schwarz/Weiß Kontrasten und schafft dadurch eine Spannung die die Portraitierten sehr ikonenhaft erscheinen lässt.
In jedem der Bilder schafft er es eine gewisse sexuelle Spannung zu erzeugen, bei Louise eine unschuldige, naive Sexualität, die durch ihre Reinheit den Reiz ausmacht. Bei Madame Gautreau eine fast göttliche Sexualität, die man heute wohl als dominant bezeichnen würde. Was damals wohl auch schon so gewirkt hat und deshalb als anstössig empfunden wurde. Und bei Isabelle eine abgeklärte fast schon aufgelegte Sexualität, die nur durch entsprechende Symbolik zum tragen kommt, dem Granatapfel und den Hausschuhen, welche nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein sollten. 
Trozt der sexuellen Komponente zeigt uns Sargent bei Madame X und bei Isabella Steward Gardner sehr emanzipierte Frauen.  Madame Gautreau als Modeikone ihrer Zeit und Isabella die erfolgreiche Kunstsammlerin. Beide haben die Zeit überdauert: einerseits als Vorbild für Mode, Kunst, Theater und Film und anderseit mit einem Museum, welches immer noch den guten Geschmack von Isabella wiederspiegelt. 
Die Pariessienne in schwarz/weiß ist doch Vielschichtiger als gedacht. 


Dame mit der Rose, 1882                                                                     Madame X, 1883-84                                                                          Isabella Steward Gardner, 1888



Literaturverzeichnis


  1. Davis, Deborah: Strapless, John Singer Sargent and the Fall of Madame X, Jeremy P. Tacher/Penguin, 2003
  2. Kilmurray, Elaine and Ormond, Richard, Sargent, John Singer (exhibition catalog at the Tate Gallery, London, 15 October 1998 – January 1999; National Gallery of Art, Washington, 21 February – 31 March 1999; Museum of Fine Arts, Boston, 23 June – 26 September 1999), Tate Gallery Publishing, 1998
  3. Swinglehurst, Edmund: John Singer Sargent, Regency House Publishing Limited, 2001
  4. http://jssgallery.org/
  5. (An Aesthetic Realism Discussion  SARGENT'S "MADAME X"; OR, ASSERTION AND RETREAT IN WOMAN by Lynette Abel )





Sonntag, 17. März 2013

Madonna & Madonna

Bei diesem freien Projekt setzten wir uns mit christlichem Mystizismus in der Popkultur auseinander. Entstanden sind so zwei Kostüme, welche einerseits die christliche Mariendarstellung und andererseits die populärkulturelle Madonna theamatisieren. Diese beiden weiblichen Figuren verheirateten wir symbolisch, um zu provozieren und damit darauf aufmerksam machen, dass die die christliche Kultur des Abendlandes in der heutigen Popkultur untergeht. Durch unser Projekt wollten wir die Vorzüge der modernen Kirchen, z.B. die neuentstandene Toleranz gegenüber homosexuellen Paaren, thematisieren.


Moodboard




Shooting


       






Kostüme und Maske: Judith Szillus und Almuth Wehrle
Fotos: Jan Behrens

Die Geschichte des Damenstrumpfes


Aus dem 14. Jh. stammt das erste Zeugnis über Damenstrümpfe, nämlich die Legende des Hosenbandordens. Wir sehen sie hier illustriert in einer Sekundär Quelle von Albert Chevallier Tayler aus dem Jahr 1901. Die Legend besagt dass beim Tanz des Königs Eduard III mit seiner Geliebten, der Gräfin von Salisbury, sie ihr Strumpfband verlor. Der König soll die entstandene peinliche Situation dadurch entkrampft habe, dass er das Strumpfband auf hob und sich selbst an das eigenen Bein band. Dabei soll er laut ausgerufen haben. „ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, dies ist das Motto des 1348 gestifteten Ordens.
Albert Chevallier Tayler: The Ceremony of the Garter, 1901
Damen trugen also schon damals Strümpfe und Strumpfbänder sie waren aber sittlich unter den langen Röcken der Zeit verborgen. Nichts desto trotz sollen sie genauso reich verziert gewesen sein wie der Herrenstrumpf. In den folgenden Abbildungen werde ich also zunächst auf dem Herrenstrumpf eingehen, der uns in diversen Gemälden und erhaltenen Zeugnissen überliefert ist.

Der Herrenstrumpf entwickelte sich aus der „Strumpfhose“ bzw. den so genannten Beinlingen in Kniehose und separate Strümpfe, die mit einer Schleife unter dem Knie gehalten wurden.

William Larkin: Richard Sackville (1589-1624), 1613
In diesem Gemälde von William Larkin, trägt Richard Sackville weiße Seidenstrümpfe , die mit stilisierten Geißblättern bestickt sind. Die Stickerei ist farblich der Heerpauke und dem Wams angepasst, die komplette Bekleidung ist in schwarz, weiß, Gold und Silber gehalten. Um diese Eitelkeit noch zu betonen trägt er übergroße schwarze Strumpfbänder und Schuhrosetten die mit Gold und Silber Borte besetzt sind.
Beige Leinenstrümpfe, Mitte des 17.Jh.
Oben sehen wir ein erhaltenes Paar Unterstrümpfe aus der Mitte des 17. Jhd.. Es war üblich im Winter zwei bis drei Strümpfe übereinander zu ziehen, aber auch Unterstrümpfe zu tragen, um den kostbaren Strumpf zu schützen. Der beige Leinenstrumpf ist am Beinschlauch im schrägen Fadenlauf zugeschnitten und hat eine Schnürung an der Innenseite den Strumpfes um einen guten Sitz zu erreichen. Die Sole ist im Geraden Fadenlauf zugeschnitten und an Ferse und Zehen eingehalten um Volumen zu schaffen. An der Außenseite ist er dezent mit Margeritenstich in grün bestickt.
Anthony von Dyck: James Stuart (1612-1655), 1634
In diesem Gemälde sehen wir James Stuard, den Anthony von Dyck Anlässlich seiner Aufnahme in den zuvor erwähnten Hosenbandorden malte. Wir sehen ihn mit den Insignien des Ordens einer Goldkette mit rotem Juwel auf seiner Brust, den silbernen Stern auf seinem schwarzen Umhang und nicht zu vergessen das Hosenbandorden an sich versteckt unter seinem voluminösen schwarzen Strumpfband traditionell unter dem linken Knie. Seine weißen Strümpfe sind in lockere Querfalten gelegt, wodurch besonders viel der kostbaren Seide verbraucht wurde und Luxus und Wohlstand vermittelt. Zusätzlich waren weiße Strümpfe besonders edel, da es aufwändig war sie mit Kreide in tadellosem Weiß zu halten.
Edward Fisher: Kommodore Augustus Keppel, 1752
Hier sehen wir Kommodore August Keppel in seidenen handgestrickten Derby Ripps. Der Strumpf ist nach der Stadt Derby benannt, da in dort Jedediah Strutt 1759 das erste mal maschinell herstellte.
Seidenrippstrumpf, Mitte des 18. Jh.
Er war besonders beliebt, da er durch den Ripp elastischer geworden war und die Rippung das Bein optisch schlanker machte. Oben sehen wir einen erhaltenen Seidenstrumpf in Derby Rippung. Hier wurde weiße, grüne und Lavendelfarbene Seide verzwierbelt um eine braune Sprenkelung zu erhalten. Die Zickzackeinfassung an der oberen Kante des Strumpfes ist eine Besonderheit des Handstrickens, daher wurde dieser Strumpf wohl noch nicht maschinell gefertigt.
William Hogarth: Gemäldefolge "Der Lebensweg eines Wüstlings", Szene: "Szene in einer Schenke", 1733
Aber nun zu den Frauenstrümpfe. In dieser Gemäldereihe von William Hogarth: „Der Lebensweg eines Wüstlings“ sehen wir nun zum ersten mal Strümpfe am Bein einer Frau, bezeichnender Weise einer Prostituierten vorne links. Wir sehen sie beim Be- oder Entkleiden. Sie trägt blaue Stürmpfe mit roten Zwickel und gleichfarbiger Zwickelstickerei in Form von Zickzacklinien entlang des Zwickels und ein Krönchen an der Spitze des Zwickels. Passen dazu trägt sie rote Strumpfbänder.

Ab den 1670er wurden die Strümpfe mit Zwickeln verarbeitet, ab 1690er dann wurden diese Zwickel kontrastfarbig zum Strumpf bevorzugt und mit Stickereien verziert die farblich zum Zwickel passten.
Blau war zuerst eine sehr beliebte Farbe bei der arbeitenden Klasse also auch der Prostituierten. Später im 19. Jh. waren intellektuelle Frauen als Blaustrümpfe verschrieen.
Der Ausdruck kam von einem heute unbekannten Mann namens Benjamin Stillingfleet. Er war 1750 ein geistreicher Gast im vornehmen Londoner Salon der Literatin Elizabeth Montagu. Er trug für die damalige Zeit höchst merkwürdige blaue Baumwollstrümpfe, anstatt der üblichen Schwarzen Seidenstrümpfe. Bald wurde die Bezeichnung für eine Gruppe übernommen, die sich wohlgesetzten Gesprächen, poetisch-philosophischen Gedankenaustausch und Diskussionen über die Gebiete Literatur, Theater, Wissenschaft und der Schönen Künste widmeten. Der Begriff wandelte sich im 19. Jh. Unter anderen unter dem Einfluss von Daumiers Karikaturreihe „Les-bas-Bleu“ zu einer abwertenden Bezeichnung für bestimmte gebildete, aber als unweiblich geltende Frauen.

Honoré Daumier: "Die Blaustrümpfe", Karikatur Mitte 19. Jh. 
In den 1730ern wechselte die Strumpfmode von bunt auf weiß. Sie waren immer noch schwer zu reinigen und hatten deshalb hohes Ansehen, was moralische Unbeflecktheit und Luxus angeht, gerade in einer Zeit wo durch Reifröcke vermehrt ein Blick auf das Bein der Dame geworfen werden konnte.
Zwickelstickereien 15 oder 18 cm hoch blieben bis ins 18. Jh. erhalten. Der Zwickel wurden aber schmaler und die Stickerei spitzer bis der Zwickel verschwand und eine schmale Stickerei blieb.

Francois Boucher: Die Toilette, 1742



Beides sehen wir hier im Bild von François Boucher, das Zwei Frauen bei der Toilette zeigt. Ein solches Bild war in dieser Zeit Hocherotisch und es ist mit mehren sexuellen Metaphern versehen. z. B. Der spielenden „Muschi“ zwischen den Beinen der linken Frau. Aber auch dem Strumpfband kam besondere erotische Bedeutung zu, da es die Spannung von Ver- und Enthüllen erzeugte.
In dieser Zeit der Koketterie entwickelte sich der Strumpf und das Strumpfband zum erotischen Dessous.
Jean-Honoré Fragonard: Die Schaukel, 1767-68
In diesem Bild von Jean-Honoré Fragonard, das sehr deutlich die sexuelle Leichtigkeit der Zeit widerspiegelt, entdecken wir auch das Strumpfband unter dem linken Knie in erotischem Rosa passend zu ihrem Mantau und ihre Jupe. Das Lösen des Strumpfbandes kam quasi der Inbesitznahme der Frau gleich.
Das Strumpfband der adligen Frau war aus Seide, kostbar bestickt, bemalt, mit Perlen und Edelsteinen besetzt, mit Gold und Silber verziert. Die Langen Enden der Schleifen konnten bis zu den Knöchel und beim bewussten oder unbewussten Heben der Röcke einen erotischen Anblick bieten.

Strumpfband, Ende des 18.Jh., Historisches Museum Frankfurt


Peinlich war natürlich wenn sich das Strumpfband unabsichtlich löste. Also kamen Schnallen in Mode, eben so reich verziert in Form feinen Zisilierarbeiten und besetzt mit Edelsteinen.

Strumpfband mit Schnalle, um 1840, Historisches Museum Frankfurt
1786 kam aus England das elastische Strumpfband in das Spiralfedern eingearbeitet waren um eine Dehnung zu gewährleisten. Diese Spiralfedern und die Schnallen können wir im Bild oben in den blauen Teilen des Strumpfbandes erkennen.
Strumpfband mit Spruch, Ende des 18.Jh. Bayrisches Nationalmuseum


Zum Ende dieses Jahrhunderts wurde immer mehr Aufwand betrieben, die Bänder wurden mit Blumen, Girlanden, Amoretten und Sprüchen bestickt, wie wir hier auf einem Beispiel des Bayrischen Nationalmuseum sehen. Es ist aus weißer Atlasseide und der Spruch lautet „Die Liebe hat Eurem Auge die Sanftheit verliehen, möge Venus Eure Zärtlichkeit beflügeln!“
Dieses Zeitalter des Müßiggangs und er eleganten Koketterie mündete in der franz. Revolution.
Währen der franz. Revolution (1989-99) trug der Bürger schwarze Baumwollstrümpfe im Gegensatz zum adligen weißen Seidenstrumpf.

Der Walzer, kolorierte französische Gravur, um 1800
Im Empire (1810-1815/20) trug die Frau Empirkleidern weiße oder fleischfarbenen Baumwollstrümpfe mit farbigem Zwickel oder Seidenstrümpfe, die sehr einfach gehalten waren und mit Durchbruchstickerei einen Zwickel ergaben. Wie wir auf dem Bild unten sehen. Dies Stickerei nannte sich auch Ajour-Technik, bei der mit einem Faden locker gewebte Stofffäden zusammengezogen werden, wodurch Durchbrüche entstehen. Mit unterschiedlichen Stichvariationen erreicht man unterschiedliche Arten von Durchbrüchen, die dann noch mit weiteren Spitzenstichen gefüllt werden können. Weiße Strümpfe waren in dieser Zeit besonders in Mode im sozial-physiologischen Wörterbuch „Eros“ von 1820 steht: „Vermögen seiner Elastizität umschließt er die Wade und den Fuss so genau, dass die schöne üppige schwellende Form dieser Teile in sanfter Rundung sich ausspricht, auf das Auge und so weiter einen sehr angenehmen, ja sogar bisweilen bezaubernden Eindruck zu machen versteht. Dunkle und schlotternde Strümpfe bewirken gerade das Gegenteil“
Weißer Seidenstrumpf, 1810-25
Weiß blieb auch im Biedermeier (1820-48) beliebt gepaart mit fleischfarbenen oder pastellfarbenen Strümpfen aus mercerisierter Baumwolle. Dieses Veredlungsverfahren kam in dieser Zeit auf. Die Baumwolle wird mit Natronlauge behandelt wodurch ihr ein dauerhafter Glanz verliehen wird. Außerem wird die Faser gestreck, Dadurch wird sie glatter, dichter und fester und verbessert ihr Aufnahmevermögen für Farbstoffe. Ajour-Strümpfe und Strümpfe mit biederen Kreuzen, zarten Blumen und unschuldiger Glasperlenstickerei waren ebenso beliebt.

Im Second Empire in der Zeit der Krinolinenmode (1850-68/89), war es wieder möglich ein blick auf den Damenstrumpf zu werfen, beim koketten Schwung mit der Krinoline, beim Treppen oder in die Kutsche steigen. Vielleicht auch deshalb lancierte die Kaiserin Eugenie in den 1860er den Trend, dass Strümpfe farblich exakt zum Kleid passen müssen. Strümpfe wurden also obwohl man sie Kaum sehen konnte in die Garderobe mit einbezogen. Das war teuer und zeigte dadurch die Exklusivität. Der Hut, die Schuhe und Schirm sollten aus dem gleichen Material wie das Kleid sein und zu den Handschuhen, Strümpfe, und Handtasche passen.

Éduard Manet: Nana, 1877
Hier sehen wir Nana, eine Kurtisane aus Paris, auf einem Gemälde von Éduard Manet. Sie befolgt das Modediktat der Kaiserin Eugenie, ihre Strümpfe passen farblich zu ihrem Korsett und ihrem Kleid das links im Bild auf einem Stuhl liegt. An der Vorderseite ihrer Strümpfe sehen wir Blumenmuster, historisierende Fantasiemuster, die bis zur Wadenhöhe reichten wurden in dieser Zeit von der Halbwelt bevorzugt getragen.
Félicien Rops: Pornocrates (1896) und Heiratsfähig
Das sehen wir auch auf den zwei Abbildungen von Félicien Rops. Er gilt als der Künstler der die Spannung von Verhüllung und Enthüllung in die Moderne Kunst einführte. Er stellt seine Frauen nie ganz nackt dar sondern immer mit erotischen Kleidungsstücken. Auf dem linken Bild sehen wir gerade in der Halbwelt immer populärer werdende schwarze Strümpfe, die ein erotischen Kontrast zur weißen Haut ergeben. Der Strumpf ist im vorderen Bereich mit Blumen verziert und am Oberschenkel mit hellblauen Schleifen gebunden. Das rechte Bild zeigt ein junges Mädchen, die ihre Sexualität gerade erst entdeckt in weißen Strümpfen, allerdings im Hinblick auf die Zukunft mit erotischem rotem Zwickel und frivolem schwarzem Strumpfband.
Lucian-Henri Weiluc: Illustration für das Magazin "Frou Frou", 1900
Mit dem Kontrast von schwarz und weiß spielten auch die Cancantänzerinnen des Moulin Rouge. Sie Trugen schwarze Strümpfe zu ihren weißen Unterröcken und kontrastfarbige Strumpfbänder. Auch das Geräusch der Unterröcke und Strümpfe, das so genannte „Frou Frou“ galt als besonders erotisch. Auf dieser Illustration für das gleichnamige Magazin "Frou Frou" präsentiert die Dame ihre schwarz bestrumpften Beine fast losgelöst vom restlichen Körper. Dieses Bild zeigt deutlich dass die Beine im Mittelpunkt der erotischen Vorstellung des Mannes standen und damit auch der Strumpf und das Strumpfband. Für manchen harmlosen Voyeur des Biedermeier war es allerdings vielleicht etwas schockierend, das die Beine inzwischen so vorsätzlich öffentlich zur Schau gestellt wurden und sie um den verbotenen Reiz des schön verzierten Strumpf und Strumpfband zu werfen.

Zu dieser Zeit entwickelte sich der Ajour-Strumpf immer mehr zum Netzstrumpf und sorgte in Form von kurzen, schwarzen Strümpfen, oft mit roter Schleife am Saum und /oder Knöchel unter den weißen Röcken der Tänzerinnen für Furore, da sie mehr Haut vom Bein Zeigten

Links: Korsett, um 1907, Kyoto Costume Institute; Rechts: Schnalle und Knopf für den Strumpf, März 1910
Das Strumpfband wurde Ende des 19. Jh. durch Strapse ersetzt. Gummibänder zum Halten der Strümpfe die vorerst am Korsett angebracht waren. Sie waren reich verziert und mit gravierten Schnallen versehen. Eine zum Verstellen der Strumpfbandlänge und eine zum Halten des Strumpfes, welche wir auch rechts in der vergrößerten Grafik sehen.

Zur Jahrhundertwende im Zuge der Reformbekleidung kam auch der Hüfthalter auf an dem die Strapse befestigt wurden. Zu dieser Zeit wurde ein natürliches Erscheinungsbild der Frau angestrebt, er setzte sich aber erst im bubihaften Stil der 20er durch.
Echten Seidenstrümpfe waren auf Grund der teueren Herstellungs des Rohstoffes Seide für die meisten Frauen zu Anfang des 20. Jh. unerschwinglich. Damenstrümpfe aus Kunstseide waren seit 1912 aus England bekannt. Die Eigenschaften dieser neuartigen Strümpfe waren aber nicht zufreidenstellend, das Garn war nicht fein genug, sie hatten keine Gute Paßform, sie waren nicht besonders Transparent und es gab Probleme mit Wasserflecken. Trotzdem wurden sie getragen und begünstigten die Verkürzung der Röcke in dieser Zeit.

Christian Schad: "Sonja" (links) und "Zwei Mädchen" (rechts), 1928
In diesem Bild von Christian Schad sehen wir die Sekretärin Sonja, modisch im knabenhaftem Look, wahrscheinlich mit entsprechend formendem Hüfthalter und Kunstseidenstrümpfen. Wir sehen sie sind nicht besonders Transparent und schlagen an den Knien falten, woran wir die nicht optimal Paßform erkennen können.
Jede Musterung des Strumpes fiel nun weg, nur Feinheit , Schmiegsamkeit und Farbe bestimmten die Eleganz. Am beliebtesten waren fleischfarbene Töne.
Ilse Ricke im Damenbrevier 1920 „Wie eine zweite Haut, so glatt und fein, schmiegte sich der hauchdünne Strumpf um ihren Knöchel. Als sie merkte , dass des Dichters Auge darauf ruhte, schlug die schöne Frau die Knie übereinander. Da rauschte es in den Bogen ihres weiten Taffetkleides“
Der Strumpf hatte nun aus ästhetischer Sicht die Aufgabe, dem Bein eine möglichst natürliche glatte, haarloses und somit feminens Aussehen zu verleihen. Behaart Haut wird mit sexuellem Leistungsvermögen von Männern assoziiert, glatte Haut mit Weiblichkeit.
Allerdings war der schwarze Strumpf erotischer, hatte aber ebenso wie das Bild rechts ebenfalls von Christian Schaad, einen sehr frivoleren, sexualisierenderen Anklang.

Marlene Dietrich in "Der blaue Engel" von Josef von Sternber, 1930, UFA, Deutschland



Aber auch die hautfarben Strümpfe wurden damals, was wir uns heute vielleicht weniger vorstellen können, als hoch erotisch empfunden. Das wird besonders im Film „Der Blaue Engel“ mit Marlene Dietrich aus dem Jahr 1930 deutlich. Er zeigt die Verführungskunst des Strumpfes und die erotische Macht die er auf Männer ausübt. Den ersten Kontakt den Prof. Unrath mit Lola Lola, einer Tingel-Tangel-Sängerin hat ist Mittels einer Postkarte, auf der die eine „Rock“ aus Federn trägt, den man durch blasen lüpfen kann und damit das bestrumpfte Bein freigibt. In ihren Shows tritt kokett immer leicht bekleidet mit Strümpfen und Strapse auf. Prof. Unrath verfällt ihr und ihrer freizügigen Kostümierung wo sie auch männliche Elemente einfließen lässt, z.b. einen weißen Zylinder, kombiniert mit Strümpfen und hochhackigen Pumps, wie wir auf dem Bild sehen. In folgenden hat sie ihn komplett unter Kontrolle und er ist unter anderem auch dafür zuständig ihr die Strümpfe anzuziehen. Am Ende fällt er dem Wahnsinn anheim.

Während des zweiten Weltkrieges trugen die Frauen im Winter Wollstrümpfe. Wenn man Strümpfe besaß arbeitete man „Strumpfretter“ an, Füßlinge aus derbem dunkelbraunem Zwirn. Wenn man gar keine besaß ging im Sommer mit nacktem Bein oder färbte sich die Beine mit Kaffeesatz oder Kaliumpermanganat und zogen mit dem Augenbrauenstift eine „Strumpfnaht“.
Der Besitz und das Tragen der Nylons in den 40ern drückte eine neuerwachte Lust auf das Leben aus, eine Lebenslust die Frauen wieder das Gefühl gab, schön und begehrt zu sein. Je feiner und durchsichtiger der Strumpf damals war, umso begehrter.

Fotografie 40er/ 50er Jahre
Nylon und Perlon sind Produktbezeichnungen für Chemiefasern aus vollsynthetischen Rohstoffen. Sie setzen sich aus Wasserstoff, Kohlenstoff und Stickstoff zusammen.
Nylon wurde 1935 in den USA entwickelt und von der Firma Du Pont wurden die ersten Nylon-Spinnanlagen 1939 in betrieb genommen. In Deutschland gelang Paul Schlack 1938 aus Phenol eine Polyamidfaser zu entwickeln, die als Perlon bezeichnet wurde.
Eigenschaften von Perlon und Nylon:
Vorteile:
hohe Reißfestigkeit, Elastizität, trocknen schnell, hohe Beständigkeit gegen Scheuerung und Biegebeanspruchung, generell leichter als Naturfaser, widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit und Mottenbefall, können in jede gewünschte Farbe eingefärbt werden. formstabil und knittern kaum.
Nachteile:

saugen keine Feuchtigkeit auf, daher Kälteempfinden, durch Reibung entsteht elektrische Aufladung, Stromschläge, kein Lichtschutz, Sonnenbrand.

Herstellung Nylon:
Bei 270 C werden die Moleküle zu langen Kettenmolekülen zusammen gelagert. Die dabei entstehende Schmelze wird unter hohem Druck durch feinen Düsenöffnungen zu Fäden ausgesponnen, die in der Luft erstarren und aufgewickelt werden. Beim aufspulen werden sie gestreckt. An den Webmaschinen wird zuerst er verstärkte Doppelrand gewirkt, der später zu Befestigung am Strumpfhalter dient, anschließend nimmt die Maschenzahl vom oberen Rand zu den Knöcheln hin ab. Danach kettelt man zunächst Ferse und Spitze ab um die offenen Maschen der Fußspitze zu verbinden. Danach werden Sohle und länge mit einer Spezialnähmaschine zusammengenäht, wobei an der Innenseite des verstärkten Randes ein Stück offen gelassen wird damit der Rand elastisch bleibt. Nach der Fehler Untersuchung wird der Strumpf gefärbt und ausgerüstet. Danach noch in Form gebracht.

Es war nötig die Nylons nach jedem tragen auszuwaschen, denn die Faser reagierte elektrostatisch, zog also Staub an und war empfindlich gegen jede Art von Körperausdünstungen. Aber nicht nur Strümpfe für Frauen aus Nylon, sondern auch Strümpfe für Männer und Leibwäsche für beide Geschlechter. Da Nylonwahre nicht heiß gewaschen werden konnte, entstand bald eine Hysterie um das Schwitzen und die Geruchsbildung, woraufhin neue Deodorants und antibakterieller Seifen entwickelt wurden. 

Orginalverpackung für Perlonstrümpfe, 50er Jahre
Das wie Seide anmutende Perlon vermittelt einen Eindruck von Kostbarkeit, Eleganz und Weiblichkeit, Perlonstrümpfe gelten bis heute als Inbegriff der erotischen Vorstellungen der fünfziger Jahre. Sie standen unmittelbar in Verbindung mit der Damenmode der Zeit.

1947 bracht Dior die Wespentaille im Zuge seines New Looks wieder in Mode und auch die Beine sollte durch spezielle Strümpfe optisch tailliert werden. Es gab ombrierte Strümpfe um die Beine an Fesseln schlanker zu gestalteten, aber auch die Fersenzierformen und die Naht hatten den Effekt eines optisch schlankeren Beins. Zum Strumpf gehörte obligatorisch der elegante Schuh, in der Regel „Pumps“ mit hohen oder wenigstens halbhohen Absätzen.

Barbara, Büstenhalter und Schlüpfer, 50er Jahre
Die Strümpfe wurden an Hüfthalter oder Korselett mit vier, manchmal sechs elastischen Gummibändern sogenannten Strapsen, befestigt. Beim schmalen Hüfthalter, Becken- oder Hüftgürtel genannt, wurde der Schlüpfer darüber getragen, um auf der Toilette die Strümpfe nicht losmachen zu müssen. Bei Korseletts, die bis über die Oberschenkel reichten, zog man ihn jedoch darunter.

Die männlicher Sexueller Phantasie richtete sich auf die nackte Stelle zwischen Strumpfrand und Schlüpfer, hierbei spielte die Naht eine besondere Rolle denn sie bildete eine klare, optisch abtastbare Linie, die den Blick unwillkürlich nach oben lenkte. Kurt Tucholsky deutscher Journalist und Schriftsteller (1890-1935) sagte über den Damenstrumpf „Die Strumpfnaht ist die Strickleiter männlicher Phantasie“. Auch das knistern der aneinander geriebenen Bein galt als erotisch, ähnlich dem Frou Frou der Unterröcke zur Jahrhundertwende. Sehr schön anzuhören im Film „Der Mann der die Frauen Liebte“ 1977, von Francois Truffaut.

In den 40er und Anfang 50er waren alle Strümpfe noch mit Naht gearbeitet. Produzenten waren der Meinung das sich der Nahtlosestrumpf nur für schlanke wohlgeformte Beine eigne, allen anderen Beinen verleihe doch erst die Naht eine „gewisse Form und vor allem: Sex Appeal“
Trotzdem setzte sich der neue nahtlose, „endlos“ rundgestrickte Strumpf aus Hamburg 1954 durch, denn die Frauen waren die Angst vor schlecht sitzenden Nähten Leid. An Ferse und Saum ist der Strumpf vernäht, Mittels Hitze über einer Matrize in Form gebracht und eingefärbt. Ab 1955 bis 1965 gewann dann dieser nahtlose Strumpf langsam die Oberhand.

Strümpfe galten in den 50ern als erotisches Kleidungsstück, weil sie so nahe am Körper getragen wurden und damit eine engem „symbiotische“ Verbindung mit dem weiblichen Bein eingingen, zum anderen, weil sie zugleich öffentliche und private Kleidungsstücke waren. Vom Knöchel bis zum Knie durfte das Bein in der Öffentlichkeit enthüllt werden. Alles, was darüber lag, insbesondere der „Straps“ und der nackte Streifen Haut zwischen Strumpfrand und Schlüpfer, war eine eindeutig erotisches Signal und durfte von anständigen Frauen nur im Rahmen des ehelichen Geschlechtslebens enthüllt werden.
Werbeanzeigen aus den 50er Jahren für Kunert und Citiba
Daher gestaltetet sich jedoch die Werbung für Korseletts, Strümpfe oder Nachtwäsche nicht ganz einfach, weil in der Öffentlichkeit jeder Darstellung verpönt war, die Sexualität assoziieren ließ.
Betrachtet man Werbeanzeigen und Werbefilme der 50er, so wird deutlich, dass der Körper der Frau in zunehmendem Maße auseinandergenommen und auf seinen Einzelteile reduziert wurde. Bei der Wahrnehmung ihrer einzelnen Körperteile wurde die Frau permanent verunsichert, indem ihr vor Augen geführt wurde, dass sie den allgemeinen Schönheitsnormen nicht ganz entsprechen konnte. Dadurch entzog man ihr Selbstbewusstsein. Das sich sich den den Erwerb verschiedenen Produkte wieder aneignen sollte. Die Ware als Körper-Ersatz – hier der Strumpf- bekam dadurch den Stellenwert eines bessern Körpers. So hatten etwa die Beine eine magnetische Wirkung auf Männer, wenn sie in den richtigen Strümpfen steckten.
Der Körper stellte das Kapital der Frau dar, mit dem es etwas zu erreichen galt, wobei die Beine gewissermaßen die tragende Bestanteile bildeten. Im Einklang mit dem Körper sollten die Strümpfe stets straff gespannt sein und faltenfrei am Bein sitzen.
In der ersten Werbeanzeige sehen wir die klare Verbindung zwischen Strumpf und Erotik im Schlafzimmer. Die zweite Werbeanzeige verdeutlicht was man mit einen schön bestrumpften Bein erreichen kann, nämlich dass einem die Männer zu Füßen liegen. Die Verpackungsillustration (Oben) geht sogar soweit zu implizieren, dass man Männer im Maschennetz fängt, wenn man die richtigen Strümpfe trägt.

Marilyn Monroe und Jane Russell in "Bevorzugt Blond", 1953 von Howard Hawks, USA



Apropo Netz, es scheint besondere erotische Wirkung auf Männer zu haben. Das wusste auch schon Marilyn Monroe. Dieses Bild (links) zeigt sie bei Probeaufnahmen von für den Film „Blondinen bevorzugt“ von 1953, wo sie in einer Art Ganzkörpernetzstrumpf, der Vorläufer des Catsuits, posiert: Nur Becken und Busen sind mit Strass bedeckt, der Rest sind Netz und Naht. Der Film handelt davon, wie die Monroe als Lorelei gemeinsam mit Jane Russell, auf dem linken Bild zu sehen, auf einem Luxusschiff in Richtung Frankreich nach reichen Gatten sucht, sprich: sie sollen in's Netz gehen.
Der Netzstrumpf hat seinen eigentlichen Sinn, Schutz vor Kälte, verloren. Halb Verhüllung, halb Offenbarung zieht er die Männer an. Zusätzlich macht er durch seine Rautenstruktur und die vorteilhaften Schatten, die er aufs Bein wirft, das Bein Optisch schlanker.

Werbeanzeige aus den 60er Jahren für Sulida; Pierre Cardein: "Space"-Kollektion, Herbst/Winter 1967/68 
In diesen zwei Bildern sehen wir jetzt schon ein weitaus bedeckteres Bein als zuvor Die erste Feinstrumpfhose kam allerdings erst 1958 aus Frankreich, den Durchbruch schaffte sie jedoch erst 1963 mit Mary Quants Minirockmode. Anfangs wurde sie noch aus Kräuselkrepp gearbeitet, war dadurch zwar elastisch, aber stumpf und weniger Transparent als Perlons und Nylons. Von Männern wurde die Strumpfhose als regelrecht anti-erotisch empfunden, ihnen fehlte die nackte Haut.
Strumpfhose, das klingt nach falsch verstandener Emanzipation- vom Weib den Strumpf und vom Manne die Hose sagt
Bernd-Lutz Lange deutscher Autor und Kabarettist.
Dieses Aufbegehren des Mannes auch für den Strumpf mit Naht zeigt sich auch 1964 in einem Patent für einen Strumpf, in dessen Naht ein beweglicher Faden oder Draht eingearbeitet war, mit dem die Naht des Strumpfes gerade ausgerichtet werden konnte.
Dennoch wurde die Strumpfhose unweigerlich zum Modischen Accessoire der Frau.
Der Strumpfgürtel und damit auch die Strümpfe fanden erst in den 1970ern, nun als eindeutig erotische Kleidung, ihren Weg zurück ins Schlafzimmer. Strumpfgürtel und Nahtstrümpfe gewannen zunehmend Platz in der dunkel-sinnlichen Unterwäschen-Unterwelt. Diese für Männer besonders erfreulichen Verhältnisse wurden von Punkerinnen Mitte der 70er zunichte gemacht, die löchrige Netzstrümpfe mit Doc-Martens-Schuhen trugen und derart kurze Miniröcke aus Lederimitat, dass der Strumpfsaum darunter hervor schien. In dieser Szene wurde traditionell als „sexy“ geltende Unterwäsche als Zeichen weiblicher Gehorsamsverweigerung verstanden. Im breiteren Verständnis avancierten Kleidungsstücke wie etwa Strumpfgürtel zum Indiz für die in sexueller Hinsicht selbstbewusste, in wirtschaftlicher Hinsicht gut situierte Frau.

Werbeanzeige der Firma DIM für Halterlose Strümpfe, 1986
1986 wurde von der französischen Marke „Dim“ der erste Selbsthaltenden Strümpfe bzw. Halterloses Strumpf erfunden. Er bot eine akzeptable Alternative zu Hüftgürteln, waren die mitunter lästigen und von manchen Frauen als unbequem empfundenen Strapse damit doch unnötig geworden.
Strumpfhosen von Yves Saint Laurent, 1989 (links); von Fogal, 1990 (Mitte); von Wolford, 1991 (rechts) 
In den 90ern wurde zum Leidwesen der Männer 95% des Umsatzvolumens mit Strumpfhosen erzielt, diese gibt es in allen erdenklich Farben, Materialien und Mustern. Für Männer gibt es aber auch in in der damals aktuellen Strumpfmode erotische Hingucker. Wie z. B. Bei der Strumpfhose von Yves Saint Laurent 1989 links, die eine am Rand gezackt Hochferse hat und eine rückseitig eingearbeiteter Strumpfnaht , dekoriert ist das ganze mit einem Schleifchen aus Perlonband und damit eine besondere Hommage an die Nahtstrümpfe der ersten Hälfte des 20ten Jahrunderts.
In der Mitte ein Anklang ans Rokoko, die Strumpfhose hat ein maschinell gesticktes Ornament aus goldenem Faden an der vorderen Unterlänge auf schwarzem Grund aus 100%Nylon.
Rechts sehen wir ein Modell von Wolford mit historisierender Tiffanys Glaskunst, die uns an die Jahrhundertwende erinnert.
Von der Firma Wollford sind auch die Folgenden Werbefotografien aus dem Jahr 2009. Sogar im neuen Jahrtausend vermittelt die Strumpfwerbung, dass es nicht wichtig ist was für ein Gesicht, also Geist und Charakter eine Frau hat, Hauptsache die Beine sind schön und möglichst Luxuriös bestrumpft. Das erinnert sehr an die 50er, wo die Beine quasi als das tragende Kapital einer Frau galten. Zusätzlich wird die Strumpfhose oft auch mit dem erotischen Faktor im Bezug auf den Mann verkauft wie wir in den linken zwei Bildern sehen. Hier findest sich wieder die erotische Strumpfnaht und an den richtigen Stellen eingesetzt Aussparungen.

Werbebilder der Firma Wolford, 2009 von rechts nach links: Velvet de Luxe, Individual 10 Stay-Up, Surrealism, XES 
Heute haben wir also eine Fülle an mehr oder weniger erotischen Beinbekleidungen, die man wie folgt einteilen kann.
Unerotisch: hautfarbene Strumpfhosen, allen voran Stützstrumpfhosen; Leggings, seit Winter 91/92 in Mode, Socken, Kniestrümpfe, Füßlinge und Overknees, bis übers Knie reichende wollene Strümpfe.
Erotisch: Halterlose Strümpfe, Nahtstrümpfe, Strumpfhosen mit erotischem Design, Strümpfe mit Strapsgürtel, Netzstrümpfe, Catsuits...
Der Catsuit ist quasi der Höhepunkt der erotischen Strumpfmode. Der Begriff Catsuit bezeichnet ein einteiliges, eng anliegendes Kleidungsstück, das den Körper mehr oder weniger komplett umhüllt. Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften wird es dabei häufig zur Kostümierung oder „Maskierung“ des Trägers genutzt.
Der Catsuit kann aus Nylon, Perlon oder Netz bestehen. Der Catsuit findet sich beispielsweise aber auch im Gummifetischismus, der hier den Körper des Trägers/der Trägerin vollständig eng umhüllt.


In Form von Netzcatsuits wie wir ihn hier sehen, ist er vor allem im pornografischen Bereich sehr beliebt. Es gibt sie mit Zwickel, oder praktisch mit Reißverschluss zum öffnen des Paradieses oder für ungeduldige gleich mit Loch im Schritt.

Der Blick des Mannes ist also über die Jahrhunderte Angefangen vom fallen gelassenen Strumpfband, des unter dem Rock verborgenen Strumpfes immer weiter am Bein der Frau empor gewandert, bis der gesamte Körper der Frau im Fokus seiner Sexualität steht, aber immer noch in dem verhüllenden, enthüllenden Spiel mit Stoff. 




 „Die Beine einer Frau sind die Zirkel, die den Erdball in allen Himmelsrichtungen ausmessen und ihm sein Gleichgewicht und seine Harmonie geben.“


Zitat aus dem Film „Der Mann, der die Frauen liebte“ (1977) von Francois Truffaut, gesagt von der Hauptperson Bertrand Morane







Kurze Strumpfgeschichte

Der Strumpf im heutigen Sinne entwickelte sich parallel zum Männerstrumpf Anfang des 16. Jhds. Da Frauen aus sittlichen Gründen nur lange Röcke trugen, wissen wir wenig über dem Damenstrumpf. Dass dieser existierte, wissen wir z.B. durch die Legende des Hosenbandordens (1348). 17.Jhd.: Strümpfe wurden mit Zwickel verarbeitet und reich verziert, meist kontrastfarbig (1).18.Jhd.: Durch die Mode des Reifrockes, der hin und wieder zufällig oder bewusst, einen Blick auf das bestrumpfte Bein freigab, entwickelte sich der Strumpf und das Strumpfband immer mehr zum erotischen Dessous. Bis zur franz. Revolution waren Strümpfe und Strumpfbänder weiterhin reich verziert, dann trug Man(n) Schwarz im Gegensatz zum adligen Weiß und in „demokratischer“ Baumwolle. Directoire (1795-99): Hautfarbene Trikots unter den Chemisenkleidern der Zeit.
Empire (1810-1815/20): weiße oder fleischfarbene Baumwollstrümpfe mit farbigem Zwickel.
Biedermeier (1820-48): Mercerisierte Baumwolle in Weiß, fleischfarben oder pastellfarben mit Ajour-Effekten. Second Empire (1852-70): Unter Einfluss der Halbwelt Strümpfe mit wadenhohen historisierenden Fantasiemustern (2). Ab den 1860ern Modediktat der Kaiserin Eugenie, dass Strümpfe farblich zum Kleid passen müssen oder wenigstens zum Unterrock. Jahrhundertwende: Hauptsächlich schwarze Strümpfe, aber auch reiche Perlenverzierungen. Ab den 1920ern trug man neuartige neutrale Kunstseidenstrümpfe zu kurzen Röcken der Zeit (3). Im 2. Weltkrieg trugen die Frauen im Winter Wollstrümpfe und ließen die Beine im Sommer nackt. In den 40ern begann der Boom der Nylons (1935 erfunden in den USA) und der Perlonstrümpfe (1939 erfunden in Deutschland). Die Polyamidfaser zeichnete sich hauptsächlich durch Reißfestigkeit, Elastizität, Beständigkeit gegen Nässe und Motten aus. Zur Wespentaille des New Look (1947) von Dior trug man Nylons in Braun- und Grautönen mit Fersenzierformen, die einen Taillierungseffekt der Beine erzielten und dazu mindestens halbhohe Pumps. Die Strümpfe wurden seit den Ende des 19. Jhds. mit Gummibändern am Korsett und in den 1920ern am Korselett befestigt, in den 40ern trug man sie nun am Hüfthalter (4) befestigt. 1958 kam die erste Feinstrumpfhose aus Frankreich, setzte sich jedoch erst mit der Minirockmode von Mary Quant 1963 durch. Der Strapsgürtel kam in den 1970ern als erotisches Schlafzimmeraccessoire zurück in die Kleidung. 1986 erfand die französiche Firma Dim den ersten halterlosen Strumpf. Im Winter 1991/92 kamen Leggings, fußlose Strumpfhosen in Mode in allen erdenklichen Ausführungen auf den Markt .





Begriffsklärung

Catsuit: einteiliges, eng anliegendes Kleidungsstück, das den Körper mehr oder weniger komplett umhüllt. Seine Entstehung ist um die 1940er zu verorten, z. B. Marilyn Monroe trug zum Film „Bevorzugt Blond“ 1958 einen schwarzen Netzcatsuit. Heute findet sich der Catsuit im Gummifetischismus und im Erotikbereich meist in Netz.
Halterlose Strümpfe: 1986 von französichen Marke „Dim“ erfunden, sie boten eine akzeptable Alternative zu unbequem empfundenen Hüftgürtel. Sie sind mit speziellen klebenden Gummieinlagen am verstärkten Rand des Strumpfes versehen und hält so am Bein.
Hüfthalter: Er löste mit aufkommen der Reformbewegung um 1900 das Korsett kurzzeitig ab. Der Hüfthalter setzte sich, als Mittel zur Formung des weiblichen Körpers, in den 20er Jahren durch und erlebte seine Blütezeit in den 50er Jahren, er wurde noch bis in die 60er Jahre hinein getragen. Danach verlor er durch das Aufkommen der Strumpfhose an Bedeutung und wurde weitgehend überflüssig. Der Hüfthalter besteht aus mehr oder weniger elastischem und körperformendem Material und reicht von der Taille bis zum Ansatz der Oberschenkel. Die vier bis sechs Clips die mit Gummibändern am Hüfthalter befestigt sind haben die Aufgabe die Strümpfe in Position zu halten.
Leggings: Ab Winter 91/92 Leggings in Mode, fußlose Strumpfhose, aus dehnbarem Stoff gefertigt, auch mit Nähten Außen und Innenseite des Schenkels.
Netzstrümpfe: Entwickelten sich ab dem Biedermeier aus den Aujour- und Petinetstrümpfen, waren ursprünglich Webwaren bzw. Maschenwaren aus Baumwolle, von grober Loch- bzw. Fischnetzmusterung bis zu sehr feiner Häkel-Optik, die durch spezielle Dreherbindungen und die Verschiebung einer Masche auf die nächste Nadel hergestellt werden. Heute werden sie als erotische Wäsche eingesetzt oder in Cabaret oder Tanzshows, das sie neben der erotischen Komponente das Bein schlank erscheinen lassen.
Nylons/Perlons: Der Name Nylon (chemische Bezeichnung: Polyhexamethylenadipinsäureamid) wurde von der amerikanische Firma Du Pont mit dem Ziel geprägt, ihn als Synonym für „Strümpfe“ zu etablieren. Es wurde am 28. Februar 1935 von Dr. Wallace Hume Carothers patentiert. Es war damit die erste synthetische Faser, die vollständig synthetisch (aus Kohlenstoff, Wasser, Luft) hergestellt wurde. Die Polyamidfaser Perlon wurde 1938 von Paul Schlack aus Phenol entwickelt und ist das deutsche Pendant zu Nylon. Eigenschaften: hohe Reißfestigkeit, Elastizität, wird durch waschen nicht schwerer und trocknen schnell, hohe Beständigkeit gegen Scheuerung und Biegebeanspruchung, generell leichter als Naturfaser, brennen nicht schmelzen nur, daher nicht zu heiß bügeln, widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit und Mottenbefall, können in jede gewünschte Farbe eingefärbt werden, formstabil und knittern kaum, saugen keine Feuchtigkeit auf → Kälteempfinden, durch Reibung entsteht elektrische Aufladung → Stromschläge, kein Lichtschutz → Sonnenbrand.
Strapse: elastischer Bänder mit einer Spange, die an Dessous zur Befestigung von Strümpfen angebracht sind. Um die Jahrhundertwende begann man, statt Strumpfbändern, Gummibänder an die Korsetts anzubringen. Bald darauf entwickelte sich der Hüftgürtel, auch mit Bändern versehen und bis heute findet sich in der erotischen Bekleidung der Strapsgürtel.
Strapsgürtel: meist reich verziertes Unterwäscheteil mit Strapse zur Befestigung der Strümpfe im erotischen Bereich.
Strumpfband: reich verziertes Band zum Halten des Strumpfes über oder unter dem Knie, ab dem 14. Jh. bis um 1900, heut als erotisches Accessoire und in der Brautmode beliebt.
Strumpfhose: Erste Feinstrumpfhose kam 1958 aus Frankreich, setzte sich jedoch erst mit der Minirockmode von Mary Quant 1963 durch.



Bibliographie:
  1. Buck, Susanne: „Gewirkte Wunder, hauchzarte Träume“. Von Frauenbeinen und Perlonstrümpfen. Marburg: Jonas Verlag für Kunst und Literatur GmbH, 1996 (umfassender Text zu Nylons/Perlons)
  2. Farrell Jeremy, Socks&Stockings. London 1992 (umfassende, detailierte Geschichte des Strumpfs in Englisch)
  3. Meyer-Schneidewind, Mechthild; Sauerbier, Ilona: Strümpfe – Mode Markt und Marketing, Frankfurt am Main: Deutscher Fachverlag, 1992 (Populärliteratur, schöne aber schlecht datierte Bilder)
  4. Raht, Tione, „Die Schlingen Amors – der Stolz des Adonis“ und Bamann, Anna, „Begehrte Maschen“, in: Beinnahe: Strümpfe, Schuhe, Unterhosen aus vier Jahrhunderten, Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung, München: Münchener Standmuseum, 1990 (kurze Texte zu Strumpfbändern und Strümpfen)
  5. Sternberg, Josef von, Der blaue Engel, Film mit Marlene Dietrich und Emil Jannings, UFA, Deutschland, 1930. (Strümpfe als erotischer Gegenstand in den 30ern)